Sigmar Gabriel schießt sich auf die Banken als Bösewichte ein. Doch sind deren Pleiten nur Folge, aber nicht die Ursache der Krise. Der Täter heißt "Euro" – er musste aus vier Gründen scheitern.
Irrtum Eins:
"Alle Menschen sind gleich"
In Bezug auf
Menschenrechte oder -würde ist das richtig. Nicht aber in Bezug auf Kultur und
Mentalität. Die Brüsseler Erfinder unserer Gemeinschaftswährung treibt die
grundnaive Idee, mit hohen Zwangsabgaben aus Deutschland, Österreich und
Holland nicht nur die Lebensstile aller anderen an erstgenannte anzupassen —
sondern gleich auch deren Mentalitäten.
Tausende Tüftler
probierten sich in der BRD der 1980er an Photovoltaik oder Windenergie, als an
Subventionen noch nicht zu denken war. Griechenland und Portugal besitzen eine
doppelt so hohe Sonneneinstrahlung und es sind ausgesprochene Starkwindgebiete.
Und trotzdem hat sich in beiden Ländern bis heute nicht ein einziger
einheimischer Tüftler gefunden, der irgendetwas mit neuen Energien ausprobieren
wollte.
Und das ist die
(griechische) Tragödie: Obwohl Europas Fördertöpfe prall gefüllt sind – kann
Hellas davon nichts abrufen: Es gibt schlichtweg keine griechischen
Unternehmer, die etwas Förderwürdiges herstellen.
Irrtum
Zwei: "Niedrige Zinsen verbilligen Staatsschulden und fördern
Wirtschaft"
Viele Jahre
forderten Gewerkschaften und "linke" SPD-Politiker um Oskar
Lafontaine die Europäische Zentralbank (EZB) zu immer weiteren Zinssenkungen
auf. Die Linke glaubt nicht an die Kraft des Individuums, und so hält sie den
Staat als Auftraggeber für die Wirtschaft unverzichtbar – auf Pump finanziert.
Es war aber
gerade dieser keynesianische Grundirrtum, der Japan mit seinen ungezählten
Konjunkturpaketen (auf Pump) zum höchstverschuldeten Land der Welt gemacht hat.
Und es war die kluge Sparpolitik von Carl Bildt und Frederik Reinfeldt, die den
Schuldenberg schwedischer Sozialdemokraten von 75% auf 38% am BIP halbierten –
bei gleichzeitig hohem Wirtschaftswachstum.
Der Wechsel von
Escudo, Drachme oder Lira hin zum Euro hatte deren Zinsniveau von 10% auf zwei
pulverisiert. Anstatt die gesparten Zinszahlungen aber zur Schuldentilgung zu
verwenden, wähnten sich Sozialisten nun im "Polit-Paradies":
Unbeschränkt Kredit für Protzbauten (Stichwort Themenpark am Nürburgring) und
immer neue Wahlgeschenke garantierten eine permanente Wiederwahl.
In nur 10 Jahren hat
Griechenland seine (Beamten-)Gehälter und Pensionen verdoppelt. Der dadurch ausgelöste Boom war aber auf Kredit begründet
und betraf allein den Handel importierter Güter. Denn Hellas' verschlafene
Privatwirtschaft ging derweil vollends vor die Hunde. Verdoppelten
Arbeitskosten und Produkten aus den 1970ern stand deutsche Spitzentechnik zum
gleichen (Euro-)Preis nun (zollfrei) gegenüber.
Irrtum Drei: "Ein Zinsniveau
gleicht Unterschiede aus"
Spanische und irische Banken hätten sich verspekuliert? Mit
dem Beitritt zu Euroland hatten Länder wie Spanien oder Irland ihre
Weichwährungen mit hohen Zinsen (oft über 10%) und hohen Inflationsraten (oft
über 10%) in eine Hartwährung mit niedrigen Zinsen (2%) und ebensolcher Inflation
getauscht.
Die "privaten" Banken dieser Länder konnten von
nun an Geld bei der "staatlichen" EZB in Frankfurt um bloß 2% borgen,
um es dann an ihre Kunden weiter zu verleihen. Wegen des damals kriselnden
Deutschland war der Zinssatz künstlich abgesenkt worden — und eigentlich war er
selbst mit 2% noch viel zu hoch.
Deutschlands milliardenschwere EU-Zahlungen hatten Spanien
oder Irland aber künstlich boomen lassen. Als deren Inflation auf 3,5%
gestiegen war, waren 2% für Eurokredite dort aber viel zu billig, und aus
Bürgern wurden Spekulanten. Millionen Spanier und Iren kauften sich auf Pump,
so viel es ging, fraß die Inflation doch ihre Zinsen auf. Hätten Spaniens
Banken nicht der Kreditsucht ihrer Bürger nachgegeben, man hätte sie als
Bösewichte vorgeführt.
Ohne Euro hätte Deutschlands (alte) Bundesbank den DM-Zins
auf 1% gesenkt. Spanier und Iren hätten den für Peseten und für Pfund auf 6%
angehoben. Die verbilligten Kredite hätten in Deutschland für Konsum und Boom
gesorgt, die verteuerten in Spanien oder Irland selbige gebremst. Und nichts
wäre passiert. Als die vom billigen Staatsgeld aufgeblasenen Immobilien- und
Börsenwerte platzten, erklärte man es einer ökonomisch ungebildeten Bevölkerung
mit der Schuld von Banken oder Spekulanten.
Irrtum Vier: "Eine Währung führt zu einem
Lohnniveau"
Als die "lästige" Geldwechslerei im Jahr 2000
weggefallen war, ging ein Aufatmen durch die Betriebe. Heute würde mancher
lieber wechseln, denn der Euro hat die Löhne schwacher Länder nur für kurze
Zeit erhöht – und einen Kontinent dafür ins Chaos gestürzt.
"Schon immer" lagen deutsche Autos in der
Pannenstatistik vor der Konkurrenz aus Frankreich und Italien. Das war nicht
weiter schlimm. Denn nach den ritualisierten Franc- und Lire-Abwertungen am
Ende der Tourismussaison waren die Autos zwar nicht besser, aber billiger. So
konnte man in Frankreich und Italien ein respektables Lohnniveau erhalten —
zumindest in lokaler Währung.
Nun ist der Vorteil aber weg: Für Autos "fabriquées en
France" zahlt man jetzt in Euro gleich viel wie für Konkurrenten aus
"Allemagne". Das ließ Frankreichs Autokunden wechseln,
Werkschließungen (etwa bei Renault) sind jetzt die Folge.
Zu allem Überfluss zitieren Brüsseler Experten jetzt noch
aus dem VWL-Lehrbuch: "Wenn Produkte teurer als das Qualitätsniveau
geworden sind, braucht man nur das Lohnniveau solange abzusenken, bis
Produktivität und Warenpreis wieder in Einklang sind". Das ist töricht,
denn eine solcherart gedemütigte Arbeitnehmerschaft sorgt nicht für ein Klima,
das den Stimmungsumschwung bringt.
Das Spiel ist aus
Es ist verloren. Die Notenpressen
fluten Staaten oder Banken (bzw. deren Bürger) immer hektischer mit Geld. Das ist ähnlich effizient, als löschte man einen Brand
mit Benzin. Deutschland droht durch irreale Haftungszusagen für todgeweihte
Länder selbst der Staatsbankrott. Und Europas Linke feiert mit der Hetze gegen
Banken oder Spekulanten ein Comeback wie in den 1920ern.
Hellas muss in
Konkurs geschickt werden – zum sechsten Mal in 150 Jahren. Dann stellt man
sukzessive auf alt(bewährte) Währungen um und beginnt endlich, Europas Bürger
ökonomisch auszubilden. Dann treten an die Stelle populistischer
Keynesianismus-Träumereien eines Tages automatisch seriöse Sparmodelle a la
Schweden oder Schweiz.